Klima & Zukunft der Arbeit

Die Klimakrise verändert unsere Arbeitswelt. Bei extremer Hitze wird die Arbeit im Freien zum gesundheitlichen Risiko. Aber auch normale Büroarbeit wird zur Qual, wenn die urbanen Geschäftszentren oder auch die Gewerbegebiete und Werkstätten sogar in der Nacht nicht abkühlen. Sinkende Produktivität und zunehmende Krankentage sind die Folge. Lösungsansätze gibt es: Coworking auf dem Land ist ein Trend, Videokonferenzen ersetzen einen Großteil von Geschäftsreisen. Um aber Klima und Gesundheit effektiv zu schützen, gilt es, unsere gesamte Arbeitswelt auf den Prüfstand zu stellen: klimaschädliche Tätigkeiten und Geschäftsmodelle nicht weiter zu fördern, klimafreundliche Branchen auszubauen – und möglicherweise, unsere Arbeitszeiten deutlich zu reduzieren.

Foto: Ein Bauarbeiter schüttet sich Wasser aus seinem Schutzhelm über den Kopf, während er bei großer Hitze in der Nähe eines Baseballstadions in Washington, DC, arbeitet. (Foto: Mark Wilson/Getty Images).

Foto: Die steigenden Temperaturen machen Bauarbeitern besonders zu schaffen – wie hier in Washington (DC) beim Bau eines Baseballstadions; © Mark Wilson/Getty Images

Gesundheit

Klimakrise und Arbeitsschutz

Für die Extremwetterlagen, die auf uns zukommen, sind unsere Arbeitsplätze in Deutschland nicht gemacht. Das betrifft z. B. Belastungen durch extreme Hitze oder die Zunahme von Krankheiten wie Hautkrebs durch gestiegene UV-Strahlung, von der vor allem Menschen in Handwerk, Landwirtschaft oder Straßenbau betroffen sind. Insbesondere Menschen sind gefährdet, die körperlich anstrengenden Berufen nachgehen und/oder mit Maschinen arbeiten, die ihrerseits selbst Hitze ausstrahlen. Menschen in unsicheren, schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen, wie etwa Paketzusteller:innen, sind darüber hinaus in einer schwierigeren Situation, den notwendigen Arbeitsschutz für sich zu beanspruchen.

Auch neue Infektionserkrankungen werden zu einem immer größeren Risiko durch eingewanderte Tierarten als Überträger. Zugleich muss sich der Arbeitsschutz auf neue Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. J.): Klimawandel und Arbeitsschutz. Gefahrenstoffe einstellen, die zum Beispiel in der Batterietechnik entstehen.

Bei der Hitze hat der Körper etwas anderes zu tun, als motiviert zu sein.

Kersten BuxBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

Gesundheitsrisiko Sonne

UV-Strahlung wird seit 2012 von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. J.): Schutz vor UV-Strahlung der Sonne. Humankarzinogen Gruppe I eingestuft und ist damit ähnlich Bundesamt für Strahlenschutz (2022): UV-Strahlung und Klimawandel – wie schützen wir unsere Gesundheit besser? krebserregend wie Asbest oder Tabak. Die Bauer et al. (2022): Arbeitsschutz im Klimawandel – Solare UV-Belastung bei Arbeit im Freien. Ergebnisse eines Fachgesprächs. Anzahl sonniger Tage hat in Deutschland bereits zugenommen. Mit 2024 Sonnenstunden war das Jahr 2022 Deutscher Wetterdienst (2023): Die Sonne machte 2022 Überstunden – Endbilanz. das sonnigste Jahr in Deutschland seit Messbeginn. Schon ab März wird ein Bundesamt für Strahlenschutz (2022): UV-Strahlung und Klimawandel – wie schützen wir unsere Gesundheit besser? UV-Index 3 erreicht und überschritten – dann ist Sonnenschutz nötig. Treibhausgase sind mitverantwortlich für Niedrig-Ozon-Ereignisse, die wiederum im März und April durch ozonarme Luftmassen entstehen. Das führt zu unerwartet hohen UV-Bestrahlungsstärken.

Foto: Ein Grenadier Guard der Queen bricht vor Hitze zusammen Bildnachweis: Malcolm Park/Alamy Live News.

Steckbrief Hitze

  • Die Umweltbundesamt (2023): Gesundheitsrisiken durch Hitze. typischen Symptome bei Hitze sind Kopfschmerzen, Erschöpfung und Benommenheit. Kühlt es in der Nacht nicht ab, kommt auch Schlafentzug hinzu.
  • Für den Körper bedeuten extreme Temperaturen Schwerstarbeit: Um Schäden an Organen entgegenzuwirken, fährt er die Kühlung hoch und produziert Schweiß. Auch die Blutgefäße weiten sich, wodurch mehr Wärme abgeführt wird. In der Folge sinkt der Blutdruck. Um gegenzusteuern, erhöht das Herz die Pumpleistung – eine große Belastung für das Herz-Kreislauf-System.
  • Im Extremfall führt das zu einem Hitzschlag: Durch die hohen Außentemperaturen nimmt der Körper mehr Wärme auf, als er an seine Umgebung wieder abgeben kann. Die Körpertemperatur kann dann innerhalb von nur zehn bis 15 Minuten auf 41 Grad Celsius steigen.
  • Für Hofmann-Aßmus (2019): Belastende Wetterextreme. ältere Menschen, Vorerkrankte oder Schwangere ist es noch schwerer, die hohen Außentemperaturen auszugleichen.
  • Hohe Temperaturen im Schlafzimmer mindern das Denkvermögen. Das ist das Laurent et al. (2018): Reduced cognitive function during a heat wave among residents of non-air-conditioned buildings: An observational study of young adults in the summer of 2016. Ergebnis einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2018, die die morgendliche Reaktionsschnelligkeit von Student:innen während einer Hitzewelle in Boston untersuchte.
  • Die Bezeichnung „hitzköpfig“ hat einen realen Hintergrund: Studien zeigen, dass höhere Temperaturen zu einem Hsiang et al. (2013): Quantifying the Influence of Climate on Human Conflict. Anstieg der zwischenmenschlichen Gewalt um 4 % führen. Auch die Gewalt, die von Gruppen ausgeht, steigt: um 14 %.
  • Eine Zunahme von zwischenmenschlicher Gewalt durch Temperaturen ist insbesondere für vulnerable Gruppen relevant, etwa für Frauen und Kinder.

Foto: Ein Guard der Queen bricht bei Hitze zusammen; © Malcolm Park/Alamy Live News

Bei Hitze sinkt die Konzentrationsfähigkeit, während die Arbeit & Gesundheit (2021): „Bei Hitze steigt auch das Unfallrisiko“. Unfallgefahr am Arbeitsplatz steigt. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Krellmann (2020): Arbeit im Freien: Krankentage auf Grund von Hitze verdoppelt. Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann zeigt, dass sich die Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer:innen aufgrund von Schäden durch Hitze und Sonne krankgeschrieben waren, zwischen 2009 und 2018 von 22.500 auf 81.400 beinahe vervierfacht hat. Die Zahl schwankt stark und spiegelt insbesondere die besonders heißen Sommer wie im Jahr 2018, nimmt aber in der Tendenz zu. Informationen darüber, welche Regeln bei Hitze am Arbeitsplatz gelten, hält die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. J.): Hohe Raumtemperaturen in Arbeitsstätten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereit.

Auch in Schulen leidet die Leistungsfähigkeit. Viele Schulen sind nicht klimatisiert oder baulich an höhere Temperaturen angepasst. Galt früher in weiten Teilen Deutschlands ein generelles Hitzefrei, wenn die Temperatur morgens um 10 Uhr schon über 25 Grad Celsius im Schatten lag, ist diese Regel mittlerweile weitgehend abgeschafft. Ob der Unterricht wegen hoher Temperaturen vorzeitig beendet wird, ist generell Ländersache – ein Teil der Entscheidung und die konkrete Eichert (2021): Ab wann gibt es eigentlich hitzefrei? Ausgestaltung der Hitzefrei-Regeln liegt aber bei den Schulen selbst.

Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) warnt außerdem vor Deutsche Allianz Klimawandel & Gesundheit (2019): Hintergrundinformation Klimawandel: HITZE. Nebenwirkungen bestimmter Medikamente, die bei Hitze besondere Probleme verursachen – etwa indem sie das Durstgefühl beeinträchtigen oder die Schweißproduktion dämpfen.

Hitze hängt eng mit der Bildung von Luftschadstoffen zusammen. Ein Beispiel für ein solches Phänomen ist der sogenannte Umweltbundesamt (2008): Klimawandel und Gesundheit. Sommersmog, der entsteht, wenn anhaltende Hochdruckgebiete die Ozonwerte erhöhen. Das kann zu Schleimhautreizungen, Einschränkungen der Lungenfunktion, Entzündungsreaktionen der Atemwege und Beeinträchtigungen der körperlichen Leistungsfähigkeit führen. Studien zeigen diesen Zusammenhang z. B. für die Hitzewelle im Jahr 2003 in Westeuropa: Zeitgleich mit den extreme Hitzephasen stieg aber nicht nur die Ozon-, sondern auch die Feinstaubbelastung. Bei extremer Hitze wirken also oft mehrere gesundheitliche Stressoren gleichzeitig auf den Körper.

Hitze in den Medien

Symbolbild einer Mutter, die mit ihrem Kind vor einem Brunnen fröhlich Eis ist.

Foto: Hitzewellen führen zu Tausenden Todesfällen, trotzdem zeigen Medienberichte zur Illustration des Themas meist positive Bilder von Hitze, wie Eis essende Kinder oder Menschen im Schwimmbad; © Shutterstock / Olena Chukhil

Klima

Digitalisierung von Arbeitsprozessen als Chance?

Unsere heutige Arbeitswelt trägt massiv zur Klimakrise bei, gleichzeitig birgt sie die Chance, durch innovative und klimafreundlichere Abläufe einerseits Emissionen zu senken und zugleich die Gesundheit der Menschen in der Klimakrise zu schützen. Die Digitalisierung galt insofern lange als Hoffnungsträger: optimierte Lieferketten, datengetriebene Effizienzsteigerungen, weniger Geschäftsreisen, reduzierte Arbeitsbelastungen durch Prozessoptimierung – die Liste der Möglichkeiten ist lang. Aber neuere Erkenntnisse über sogenannte Bundesministerium für Bildung und Forschung (2023): Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation. Rebound-Risiken und Suffizienz-Chancen digitaler Dienstleistungen. Rebound-Effekte und der extreme Energieverbrauch einiger Arbeitsprozesse zeigen, dass die Digitalisierung und die Klimakrise in einer komplexeren Wechselwirkung zueinanderstehen.

Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice

Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice. Quelle: Statistisches Bundesamt 2023

Insgesamt zeigen Clausen et al. (2016): Klimaschutz durch digitale Transformation: Realistische Perspektive oder Mythos? Analysen, dass Klimaschutz durch Digitalisierung kein Selbstläufer ist. Vielmehr ist die Festlegung von Richtlinien für eine Ausrichtung der Digitalisierung an Zielen des Klimaschutzes unbedingt notwendig. Für die Digitalisierung wäre es in unser aller Interesse, wenn sie stärker für klimafreundliche Zwecke eingesetzt wird und dass sich der verwendete Strom in absehbarer Zeit aus erneuerbaren Quellen speist.

Es ist schwer, nach Feierabend ehrenamtlich die Welt zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.

Dr. Eckart von HirschhausenArzt, Wissenschaftsjournalist, Gründer der Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen
Wirtschaft

Weniger Arbeiten fürs Klima?

Dass die Metallindustrie viel Energie verbraucht und Kohlekraftwerke klimaschädlich arbeiten, ist nachvollziehbar. Doch auch einfache Büroarbeit hat klimaschädliche Effekte – durch Neubauten, Beleuchtung von Bürogebäuden, Kühlen und Heizen oder auch beim Einsatz technischer Arbeitsgeräte entstehen Emissionen. Arbeit führt außerdem zu speziellen Formen von Konsum, die klimaschädlich sind, z. B. Pendeln, To-Go-Getränke und -Mahlzeiten.

Fischer-Kowalsi & Schaffartzik (2007): Arbeit, gesellschaftlicher Stoffwechsel und nachhaltige Entwicklung. Erwerbsarbeit ist üblicherweise mit Fischer-Kowalski & Haas (2016): Toward a Socioecological Concept of Human Labor. Ressourcenverbrauch und Produktion von Treibhausgasen verbunden und treibt in vielen Fällen Wirtschaftswachstum an, das sich zusätzlich negativ Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. auf das Klima auswirkt. Es besteht ein Antal (2014): Green goals and full employment: Are they compatible? Zielkonflikt zwischen Seidl, & Zahrnt (2019): Tätigsein in der Postwachstumsgesellschaft. Umwelt-, Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik: Steigende Arbeitsproduktivität benötigt Wirtschaftswachstum, damit die Arbeitslosigkeit nicht steigt. In der Wissenschaft werden Ansätze diskutiert, die auf den ersten Blick nahezu wirtschaftsfeindlich wirken, aber das Ziel verfolgen, die Wirtschaft auf nachhaltigere Beine zu stellen – und dabei auch die Gesundheit der Menschen in der Klimakrise in den Fokus rücken.

  • Weite Bereiche der Erwerbsarbeit erfüllen gegenwärtig nicht die Voraussetzungen für ein Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. klimafreundliches Leben. Daher sind grundlegende Veränderungen der Strukturbedingungen von Erwerbsarbeit erforderlich.
  • Zwischen der Art der Arbeit gilt es zu unterscheiden: Dienstleistungen sind oft klimafreundlicher als Güterproduktion: Dienste können bisherige Güterwirtschaft teilweise auch ablösen. Etwa wenn eine Waschmaschine nicht mehr gekauft wird, sondern Kunden für die Dienstleistung, eine funktionstaugliche Waschmaschine bereitzustellen, zahlen.
  • Das Institut für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen hat das Prante & van Treeck (2022): CO2-Emissionen und Wirtschaftswachstum: Szenarien aus dem Online-Tool „Decoupling or degrowth?“. Online-Tool „Decoupling or Degrowth” erstellt, das einerseits die Zukunftsszenarien veranschaulicht, aber auch Simulationen für einzelne Länder bei unterschiedlicher Entwicklung des BIP erlaubt.

Steckbrief: Decoupling/Grünes Wachstum/Degrowth

Angesichts der existentiellen Bedrohung durch die Klimakrise sind grundlegende Maßnahmen erforderlich. Unser Wirtschaftssystem feuert die Krise weiter an und bedroht – so wie es heute ist – unsere Lebensgrundlagen. Zur Lösung des Problems gibt es verschiedene Ansätze.

Kurvendiagramm: Test für grünes Wachstum; Quelle: Kate Raworth

Grafik: Der Test für grünes Wachstum – relatives vs. absolutes Decoupling; Quelle: Kate Raworth

Decoupling/Entkopplung: Decoupling basiert auf der Annahme, dass Umweltbelastungen wie Emissionen von Wirtschaftswachstum entkoppelt werden können, insbesondere durch sauberere und effizientere Produktionsweisen. Es wird u. a. zwischen relativer und absoluter, globaler und lokaler sowie temporärer und permanenter Entkopplung unterschieden. Parrique et al. (2019): Decoupling debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. Relative Entkoppelung beschreibt den Prozess, dass sowohl Bruttoinlandsprodukt als auch Ressourcen-, Natur- und Energieverbrauch weiter wachsen, die Umweltbelastungen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt allerdings langsamer anwachsen. Eine absolute Entkopplung ist erreicht, sobald das Bruttoinlandsprodukt wächst, während die Umweltbelastungen sogar sinken.

Grünes Wachstum: Grünes Wachstum beruht auf der Annahme, dass Wirtschaftswachstum im Rahmen von absolutem Parrique et al. (2019): Decoupling debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. Decoupling dauerhaft, global, weitreichend und ausreichend schnell von allen kritischen Umweltbelastungen entkoppelt werden kann.

Degrowth/Postwachstum: Da Wirtschaftswachstum in der Regel mit Umweltbelastungen einhergeht, geht der degrowth.info (o. J.): Was ist Degrowth? Degrowth-Ansatz davon aus, dass die Wirtschaft insbesondere im Globalen Norden nicht weiter wachsen, sondern schrumpfen sollte, indem Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen auf ein suffizientes Niveau reduziert werden. Anstelle einer einseitigen Ausrichtung auf das wachsende Bruttoinlandsprodukt solle das gesellschaftliche Wohlergehen und der Erhalt der ökologischen Lebensgrundlagen im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik stehen.

Was klingt radikaler: Gesundschrumpfen oder grenzenloses Wachstum?

Ein bewusstes Schrumpfen der Wirtschaft – für die meisten Unternehmer:innen und etablierte Ökonom:innen in Deutschland dürfte das (noch) nach planwirtschaftlicher Selbstzerstörung klingen. In der Gesellschaft ist es umstritten, ob Emissionen und Wachstum zu entkoppeln sind. Kann es so etwas wie grünes Wachstum überhaupt geben? Dazu müsste fortschreitendes ökonomisches Wachstum vereinbar sein mit der Einhaltung unserer ökologischen Grenzen, indem insbesondere technischer Wandel uns ermöglicht, Wachstum von Treibhausgasemissionen, Ressourcenverbrauch und Naturzerstörung zu entkoppeln. Die wissenschaftliche Evidenz spricht dagegen: Eine Haberl (2020): A systematic review of the evidence on decoupling of GDP, resource use and GHG emissions, part II: synthesizing the insights. Metaanalyse von 835 Artikeln (peer-reviewed) zeigt, dass grünes Wachstum allein nicht ausreichen wird. Eine Hickel et al. (2019): Is Green Growth Possible? andere Studie führt aus, dass das insbesondere nicht in der notwendigen Eile global möglich sein wird. Eine Parrique et al. (2019): Decoupling debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. weitere Meta-Analyse aus dem Jahr 2019 untersuchte, inwiefern Wirtschaftswachstum mit ökologischer Nachhaltigkeit als sogenanntes grünes Wachstum vereinbar ist und kommt zu dem Schluss, dass keine ausreichenden empirischen Belege für eine wachsende Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen gibt und dies auch in der Zukunft nur sehr unwahrscheinlich eintreten wird.

Kürzer Arbeiten?

Eine Nässen & Larsson (2015): Would shorter working time reduce greenhouse gas emissions? An analysis of time use and consumption in swedish households. schwedische Studie zeigte, dass eine Reduktion der Arbeitszeit um 1 % den Energieverbrauch und die Emissionen jeweils um 0,7 und 0,8 % herunterfahren würde. Länder mit kürzeren Arbeitswochen haben unabhängig von anderen Faktoren schon heute einen kleineren ökologischen Fußabdruck, so eine Knight et al. (2013): Could working less reduce pressures on the environment? A cross-national panel analysis of OECD countries, 1970–2007. Studie der University of Massachusetts. 4 Day Week Global (2021): Results from world’s largest 4 day week trial bring good news for the future of work. Ergebnisse eines Pilotversuchs in Großbritannien zeigen, dass die Produktivität in einer Vier-Tage-Woche zunimmt: 61 Firmen ließen ihre Mitarbeiter:innen ein halbes Jahr lang bei vollem Lohn nur vier Tage pro Woche arbeiten. 56 von ihnen wollen die reduzierte Arbeitszeit beibehalten.

Weitere mögliche Vorteile von Arbeitszeitverkürzung:

Zu beachten bei solchen Arbeitszeitverkürzungen sind jedoch sogenannte Rebound-Effekte: Die Einsparung von Treibhausgasen gelingt nur dann, wenn Menschen in der eingesparten Arbeitszeit nicht klimaschädlicher handeln und etwa in den Urlaub fliegen. Wichtig ist also, hier effektive Lösungen zu finden, die auch Umweltbundesamt (2021): Je höher das Einkommen, desto höher der Konsum. sozial gerecht sind. Immerhin belasten die unteren Einkommensgruppen in Deutschland das Klima am wenigsten, während Besserverdienende regelmäßig einen enorm hohen CO₂-Abdruck haben.

Beeinflusst wird das insbesondere durch die Höhe des Lohnausgleichs und Kostenwahrheit für klimaschädliche Mobilität, etwa durch einen Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (2022): Gezielte Rückverteilung: Der sozial gerechte Preis für CO₂ ausreichend hohen CO₂-Preis in Verbindung mit einer Klimageldpauschale.

Ein interessantes Konzept ist die Wirtschaftsdemokratie Gunderson (2019): Work time reduction and economic democracy as climate change mitigation strategies: or why the climate needs a renewed labor movement. „economic democracy“: Hierbei werden demokratische Prinzipien auf die Wirtschaft angewendet. Es beinhaltet eine demokratische Entscheidungsfindung und Kontrolle über die Produktionsmittel, Arbeitsbedingungen und die Verteilung von Ressourcen. Eine solche demokratische Kontrolle birgt das Potenzial, Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen umzusetzen. Gemeinsam mit der Arbeitszeitverkürzung ergeben sich Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. Möglichkeiten, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, Arbeitsplätze zu erhalten und das Wohlbefinden zu erhöhen.

Konkret

Lösungsansätze

Wesentlich ist es, die Erderhitzung so weit wie eben möglich zu begrenzen. Mit jedem Hundertstel Grad Erwärmung führt die Klimakrise zu mehr Schäden und Verlusten. Außerdem wird es wahrscheinlicher, dass wir Kipppunkte überschreiten. Das Zeitfenster, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu sichern, schließt sich schnell – die Menschen, die jetzt gerade auf der Erde leben, bestimmen darüber, wie das Leben Hunderter Generationen nach uns aussieht: Die Entscheidungen und Maßnahmen, die wir in diesem Jahrzehnt umsetzen, wirken sich jetzt und für Tausende von Jahren aus.

Der Fokus auf individuelle Lösungen für die Klimakrise hat die eigentlich notwendigen Systemänderungen viel zu lange verhindert. Maßnahmen, die das Klima und die Gesundheit effektiv schützen, sind überwiegend politischer Natur.

Diese folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern verdeutlicht wichtige politische Aktionsfelder und basiert auf Forderungen der Wissenschaft und zivilgesellschaftlicher Akteure.

Gesundheitspolitisch

Umweltpolitisch

  • Treibhausgasemissionen großflächig reduzieren, um die Klimakrise nicht weiter anzutreiben
  • Unternehmen, die nachgewiesen Paris-konform – also klimafreundlich – wirtschaften, zu weniger Körperschaftssteuer verpflichten oder subventionieren
  • Verpflichtung einführen, Informationen über die Umweltverträglichkeit von Produkten bereitzustellen: z. B. über die mit dem Produkt verbundenen CO₂-Äquivalente, die beim Kauf wie ein Preis mitkommuniziert werden
  • Grün- und Wasserflächen sowie Fassadenbegrünung großflächig vorantreiben, um Städte und Gewerbegebiete Nazarian et al. (2022): Integrated Assessment of Urban Overheating Impacts on Human Life. abzukühlen

Wirtschaftspolitisch

  • Strukturbedingungen der Arbeitswelt verändern, sodass diese ein Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. klimafreundliches Arbeiten ermöglichen und diesem nicht im Weg stehen
  • Vollzeit-Arbeitszeit großflächig reduzieren und Teilzeit für alle Arbeitsbereiche ermöglichen
  • Unternehmen verpflichten, Richtlinien zu nachhaltiger Beschaffung und Produktion zu entwickeln
  • Alle Wirtschaftsbereiche dekarbonisieren, z. B. durch Nutzung erneuerbarer Energien oder Umstellung auf Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. klimafreundlichere Produkte und Dienstleistungen
  • Lieferkettengesetze weiterentwickeln, um eine möglichst regionale Produktion zu fördern
  • Unternehmen zur Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen verpflichten, insbesondere wenn im Freien gearbeitet wird

Für Arbeitgeber:innen

  • An heißen Sommertagen früh morgens Arbeitsstätte lüften, damit weniger Hitze im Innenraum besteht
  • Arbeitszeiten flexibel gestalten, sodass bei nicht erträglichen Temperaturen nicht gearbeitet werden muss
  • Bekleidungsregeln an heißen Tagen lockern, damit der Körper nicht durch zu warme Kleidung überhitzt
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2019): Sommerhitze im Büro. Sonnenschutz für Innenräume anbringen
  • Arbeitszeiten nach Möglichkeit für den gesamten Betrieb verkürzen, damit die Gesundheit der Mitarbeitenden und des Planeten geschützt wird
  • Anreize für klimafreundliches Verhalten setzen: Unternehmen können z. B: Zusatzurlaubstage anbieten, wenn Mitarbeiter:innen mit dem Zug in den Urlaub fahren und damit klimafreundlicher als mit dem Flugzeug unterwegs sind
  • Pflanzenbasierte Gerichte in Kantinen anbieten, damit sich die Mitarbeitenden gesund und klimafreundlich ernähren können
  • Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. Betriebliche Mitbestimmung ermöglichen, damit zusammen mit den Beschäftigten notwendige Veränderungen umgesetzt werden können
  • Jobtickets/Jobrad anbieten

Individuelle Schutzmaßnahmen

Was tun?

Flexible Arbeitsmodelle müssen attraktiver werden

Zu häufig wird in der Berichterstattung zu Umwelt-, Klima- und Gesundheitsthemen auf individuelle Lösungen fokussiert. Viel wichtiger sind aber politische Maßnahmen wie oben dargestellt. Um aber zu verstehen, welche dieser Maßnahmen tatsächlich wirken, braucht es Erkenntnisse über das menschliche Verhalten. Anreize für innovative Arbeitsmodelle insbesondere für Unternehmen, die der Gesundheit und dem Klima dienen, spielen dabei eine zentrale Rolle. Aber auch die Abschaffung bestehender Fehlanreize wie der Pendlerpauschale. Süßbauer & Schäfer (2019): Bertelsmann Stiftung (2012): Kein Wachstum um jeden Preis. Untersuchungen zeigen: Wirtschaftswachstum gilt in der Bevölkerung zwar noch als wichtig, allerdings mit abnehmender Tendenz. Vor allem ist Wachstum nicht mehr um jeden Preis gewünscht.

Für die Berichterstattung stellt sich auf der Metaebene die Frage, wie verschiedene Formen der Berichterstattung (konstruktiver Journalismus etc.) zu einem Umdenken, einer Mobilisierung oder einer Verhaltensänderung zugunsten des Klimaschutzes und der eigenen Gesundheit führen können.

  • Der Wertewandel hin zu einer Hofbauer et al. (2023): Erwerbsarbeit. ausgewogenen Work-Life-Balance und neue Sinnansprüche an Arbeit können die Gestaltung klimafreundlicher Strukturbedingungen von Erwerbsarbeit erleichtern.
  • Die Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen können Deutscher Gewerkschaftsbund (2023): Klimaschutz und Arbeit. nach Branche und Beruf unterschiedlich ausfallen. Auffällig ist, dass Sorgen um die berufliche Zukunft stärker ausgeprägt sind, wenn Maßnahmen bereits in sehr hohem Maß spürbar sind. In diesem Fall wird knapp jede:r Vierte (sehr) häufig von Zukunftssorgen geplagt.
  • Soziale Normen sind ein Schlüsselfaktor: Studien zeigen, dass Menschen in ihrer Entscheidungsfindung oft von sozialen Normen beeinflusst werden. Wenn umweltfreundliches Verhalten als soziale Norm in einer Organisation etabliert wird, kann das dazu beitragen, dass mehr Menschen umweltfreundliche Entscheidungen treffen.
  • Denselben Effekt haben „Voreinstellungen”: Wenn die Voreinstellung am Drucker der doppelseitige Druck ist, wird auch öfter doppelseitig gedruckt (wenn überhaupt gedruckt werden muss).
  • Transparenz: Eine transparente Kommunikation über die Klimaauswirkungen von Arbeitsprozessen und Produkten sowie eines bestehenden CO₂-Budgets kann dazu beitragen, das Bewusstsein für Umweltfragen zu erhöhen und das Engagement für Klimaschutz zu stärken.
  • Wenn Mitarbeiter:innen verstehen, wie ihr Verhalten und ihre Entscheidungen Auswirkungen auf die Umwelt haben, können sie besser informierte Entscheidungen treffen.
  • Bonus-Systeme sind hilfreich: Boni können an klimafreundliche Effekte für das Unternehmen geknüpft werden.
  • 98 % der DAX-Unternehmen knüpfen die Vorstandsgehälter des Jahres an ESG-Kriterien, also daran, ob sich Firmenchefs auch um Schreiber (2023): DWS: Weniger Klimaschutz wegen höherer Boni? Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance) kümmern. Im US-Leitindex S&P 500 legen nur 69 % der Firmen für Vorstandsgehälter ESG-Kriterien zugrunde. Zu beachten ist hier allerdings, dass diese Nachhaltigkeitskriterien als zu schwach gelten – das verleitet zu Schreiber (2023): DWS: Weniger Klimaschutz wegen höherer Boni? Greenwashing.
  • Steuervorteile für Unternehmer:innen, die besonders klimaschonend arbeiten, schaffen Anreize.
Regionale Beispiele

Erfolgsbeispiele aus Deutschland

Positive Kommunikation mit konkreten Beispielen und guten Geschichten aus dem Leben der Bürger:innen macht das Erzählte nicht nur erlebbarer und nachvollziehbarer für die Zielgruppe, sondern kann gleichzeitig auch Selbstwirksamkeit und Handlungswillen vermitteln. Bei der Klimakommunikation hat sich gezeigt, dass es Menschen motivieren kann, wenn sie erkennen, dass viele Menschen schon etwas bewegen und aktiv sind. Daher stellen wir folgend Beispiele aus verschiedenen Regionen Deutschlands vor, die passend zum Thema erfolgreich aktiv geworden sind.

Baden-Württemberg

Das Freiburger Unternehmen JobRad macht Arbeitnehmer:innen den Weg zur Arbeit mit dem Drahtesel schmackhaft. Mehr als 60.000 Unternehmen aller Größenordnungen nutzen das Dienstradleasing und bieten ihren Angestellten vergünstigte Bedingungen. In Baden-Württemberg machte vor allem SAP von sich reden. Bei dem Softwarehersteller haben inzwischen mehr als 10.000 Beschäftigte ein Dienstrad. Arbeitnehmer:innen müssen hier allerdings darauf achten, dass sich die Leistung für sie wirklich auszahlt und in diesem Zuge keine Sozialabgaben eingespart werden. Quelle: Jobrad, Merkur, Verdi

Bayern

Der Friedeberger Wärmepumpenhersteller KlimaShop! ist eines der ersten Unternehmen, die die Vier-Tage-Woche eingeführt haben. Auf Wunsch können die Mitarbeitenden hin und wieder auch nur drei oder doch fünf Tage in der Woche arbeiten. Von den flexiblen Arbeitszeiten verspricht sich KlimaShop! positive Auswirkungen auf die CO₂-Bilanz sowie auf Arbeitsleistung und Befinden der Belegschaft. Quellen: Merkur, Klimashop 

 

Berlin

WeiberWirtschaft ist eine kleine Genossenschaft in Berlin, die Gründerinnen beim Weg in die Selbstständigkeit unterstützt. Im Jahr 2019 startete das Team einen Selbstversuch für den Klimaschutz: drei Tage Sonderurlaub beim einjährigen Verzicht auf Flugreisen. Neun von elf Mitarbeiterinnen nahmen das Angebot an. WeiberWirtschaft hofft, dass andere Firmen die Idee übernehmen. Quelle: Greenpeace Magazine 

 

Brandenburg

Die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 (wpn2030) mit Sitz in Potsdam arbeitet im Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an den dringendsten Themen der Nachhaltigkeitspolitik. Eine der drängendsten Fragen: Wie können wir die Arbeitswelt nachhaltiger gestalten? Hierfür erarbeitet die Arbeitsgruppe „Zukunft der Arbeit” Antworten und Lösungsvorschläge. Quelle: Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 

 

Bremen

Das Bremer Abwasserunternehmen hanseWasser hat durch erfolgreiche Zusammenarbeit von Führungskräften und Belegschaft eine nachhaltige Unternehmenstransformation verwirklicht. In Workshops entwickelten die 400 Angestellten insgesamt 480 Ideen, die von Klimabotschafter:innen überprüft wurden. Mit Erfolg, denn der Konzern hat sein Ziel erreicht und ist seit 2015 klimaneutral. Quelle: Forschungsprojekt enEEbler

Hamburg

Die Kanzlei Rose & Partner am Hamburger Jungfernstieg führte 2019 die 36-Stunden-Woche für alle bei vollem Gehalt ein. In der Regel arbeiten Rechtsanwält:innen 53 Stunden in der Woche, doch das Vier-Tage-Modell trägt Früchte: Die minimal höheren Kosten stehen zufriedeneren und produktiveren Mitarbeiter:innen sowie mehr Stabilität im Team gegenüber. Quelle: Hamburger Abendblatt

Hessen

Die in Frankfurt am Main ansässige Gewerkschaft IG Metall fordert eine Vier-Tage-Woche für die Menschen, die in der Stahlindustrie tätig sind. Die Wochenarbeitszeit soll bei vollem Lohnausgleich von 35 auf 32 Stunden reduziert werden. Damit soll die Arbeitsbelastung der Beschäftigten verringert werden, ohne dass die Beschäftigten geringere Löhne bekommen. Quelle: Tagesschau 

Die Stadt Darmstadt und ihre Industrie- und Handelskammer veranstalten jährlich einen Aktionstag, an dem interessierte Unternehmen, Betriebe und Gewerbetreibende, verschiedene E-Lastenräder und Anhänger auf einem Testparcours ausprobieren und vergleichen können. Die Aktion findet im Rahmen des Programms „flottes Gewerbe“ statt und bietet vor Ort Beratung über die unterschiedlichen Bauformen, spezielle Einsatzmöglichkeiten sowie die Anschaffung des klimafreundlichen Verkehrsmittels. Quelle: Darmstadt.de 

Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern, das beliebteste innerdeutsche Reiseland, will den „Tourismus der Zukunft” ausbauen. Für die regionalen Arbeitgeber:innen ist die Umstellung vor allem ein Vorteil: Energieautarke Hotels, eine Fahrt unter Wind mit der Hansekogge oder ein Ausflug auf die Dünenzüge am Stettiner Haff locken mehr Besucher:innen, die Entschleunigung und einzigartige Erlebnisse suchen. Quelle: NDR 

Niedersachsen

Der TIP-Innovationspark Nordheide soll die „Arbeitswelt der Zukunft” illustrieren – ein modernes Gewerbegebiet, von Natur umgeben, nachhaltig und klimaschonend, mit Insektenhotels und „Klimabäumen”. Digitale Simulationsmethoden optimieren den sparsamen und effektiven Einsatz von Ressourcen und Energieversorgung des „Health- und Innovationscampus”.  Quelle: Tip Innovationspark Nordheide 

Die Hildesheimer Zimmerei Diedrich baut energieeffiziente Holzrahmenhäusern im regionaltypischen Fachwerk. Der über 100-jährige Familienbetrieb setzt auf ressourcenschonende Materialien und kurze Transportwege. In dichtbesiedelten Gebieten werden Gebäude aufgestockt, statt neu gebaut. Der Betrieb selbst nutzt PV-Anlage, Pelletheizung, E-Bikes und E-PKW; es gibt Nachhaltigkeitsschulungen für alle und Raum für die Entwicklung neuer Produkte wie Homeoffice-Gartenhäuser. Quelle: HWK Hildesheim 

Nordrhein-Westfalen

Im Rahmen der Initiative Aachen clever mobil untersuchen 20 Unternehmen mit insgesamt 25.000 Mitarbeitenden ihre CO2-Bilanz durch arbeitsbedingte Mobilität und testen umweltfreundliche Alternativen für Angestellte, vom ÖPNV-Ticket übers Pedelec zum E-Scooter. Quelle: Industrie- und Handelskammer Aachen 

Die Bielefelder Unternehmensberatung Rheingans hat die tägliche Arbeitszeit von acht auf fünf Stunden reduziert. Darüber hinaus wird einmal monatlich gemeinsam mit den Beschäftigten über die Höhe der Arbeitsbelastung reflektiert. Quelle: Deutschlandfunk Nova 

Rheinland-Pfalz

PackEx aus Worms will die Verpackungsindustrie mit einem nachhaltigen und volldigitalisierten Produktionsverfahren umkrempeln: Mit einem Laserverfahren werden on demand maßgeschneiderte Faltschachteln für Gewerbetreibende auch in Kleinstmengen hergestellt. So sollen Ressourcen geschont, bis zu 87 % Rohmaterial eingespart, der CO2-Ausstoß um 1389 Tonnen reduziert und etwa 1500 Tonnen Abfall vermieden werden. Quelle: Grüne Startups 

 

Saarland

Das Upcycling-Zentrum UPZENT in Neunkirchen stellt mit Designer:innen und Handwerker:innen neue Designprodukte aus gewerblichen Rest- und Abfallstoffen her. Die Initiative erforscht und unterstützt eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft. Im Produktionsprozess werden außerdem Arbeitssuchende und Migrant:innen gezielt mit einbezogen. Quelle: Engagement Global  

Sachsen

Der Sachsenforst wurde als erster staatlicher Betrieb als fahrradfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet. Am Hauptsitz Graupa stellt der Sachsenforst für die Räder der rund 170 Beschäftigten beleuchtete Unterstellmöglichkeiten und Reparaturstationen bereit und bietet Workshops und Mitmach-Aktionen, die mehr Angestellte zum Umstieg aufs Rad motivieren sollen. Quelle: Sächsische.de 

Sachsen-Anhalt

Urbane Dörfer werden für immer mehr Menschen zum Zufluchtsort – so wie der „Lebensraum Röblingen” im Mansfelder Land. Im ehemaligen Bahnhof mit Gemeinschaftsbüro und Coworking-Space können Bewohner:innen und Besucher:innen im Grünen arbeiten. Dabei setzt das Projekt auf Nachhaltigkeit, z. B. durch ökologische Baustoffe, einen gemeinschaftlichen Biogarten und Carsharing. Quelle: Lebensraum Röblingen 

Schleswig-Holstein

Das Unternehmen Windcloud 4.0 in Nordfriesland bietet Lösungen zur Datenspeicherung und will Digitalisierung und Nachhaltigkeit vereinbaren. Es wird vorwiegend über Windkraft betrieben, ist CO2-neutral, verfügt über eine direkte freie Kühlung und baut eine 230m² große Algenfarm auf dem Dach. Aufgrund der großen Nachfrage musste das Rechenzentrum nun erweitert werden. Quelle: Moderne Gebäudetechnik 

 

Tipps & Daten

Fragen zur weiteren Recherche:

  • Wie sehr hat die Belastung während der Arbeit in der Region zugenommen?
  • Welche Betriebe und Branchen sind in der Region besonders betroffen?
  • Welche Schutz- und Präventionsmaßnahmen und Modellprojekte gibt es?

Daten für die eigene Region:

  • Erwerbstätigenrechnung: Detaillierte Zahlen zur Erwerbstätigkeit in Deutschland stellt das Statistikportal des Bundes zur Verfügung. Die Veröffentlichungen sind in mehrere Bände unterteilt, die regelmäßig aktualisiert werden und als PDF eingesehen werden können. Separat werden Zahlen auf Länder- und Kreisebene aufgeführt. Gezeigt wird u. a. die Zahl der Erwerbstätigen nach Wirtschaftssektor von 1991 bis 2022 (Länder PDF, Kreise PDF) und das Arbeitsvolumen (d. h. die geleisteten Arbeitsstunden) von 2000 bis 2022 (Länder PDF, Kreise PDF). 
  • Krebsregister: Die Krebsregister der Länder sammeln Daten zu Krebserkrankungen, darunter auch Hautkrebs. In interaktiven Datenbanken können Zahlen aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Altersverteilung und Diagnosejahr abgerufen werden. 
  • DWD: Der Deutsche Wetterdienst stellt Klimadaten für die deutschen Bundesländer bzw. für einzelne Messstationen zur Verfügung – darunter auch die Anzahl der Hitzetage und die Sonnenscheindauer.  
  • Die statistischen Landesämter bereiten eine Vielzahl relevanter Daten zur Verfügung, z. B. zur wirtschaftlichen Struktur der Region, das Verkehrsaufkommen durch Pendelverkehr, den Homeoffice-Anteil u. v. m.

Lokale Ansprechpartner:innen:

Allgemein:

  • Landesministerien für Wirtschaft/Innovation/Digitales/Gesundheit
  • Verbraucherzentralen
  • Arbeitskammern der Länder (Bremen und Saarland)
  • Branchenverbände
  • Gewerkschaften
  • Berufsgenossenschaften
  • Industrie- und Handelskammern
  • Krankenkassen

Expert:innen:

  • Es gibt einige Unternehmensnetzwerke, die sich Nachhaltigkeit zum Ziel gesetzt haben – beispielsweise der  Bundesverband nachhaltige Wirtschaft (1992 gegründeter Verein für zukunftsorientiertes und ökologisches Wirtschaften, Mitgliedsunternehmen werden auf einer interaktiven Karte geführt) und B.A.U.M. (Netzwerk, das sich für eine lebenswerte Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen einsetzt, Verzeichnis der Mitglieder ist nach Postleitzahl sortiert). Wie ernst es den teilnehmenden Unternehmen mit diesem Bekenntnis ist, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Eine kritische Herangehensweise ist hier empfehlenswert. 
  • Bundesrechtsanwaltskammer: Die Dachorganisation des Bundes verlinkt auf ihrer Website auf einer interaktiven Karte die 28 regionalen Anwaltskammern, die jeweils Expert:innen für Arbeitsrecht aufführen. 
  • Universitäten mit Forschungsschwerpunkten/-projekten „Arbeit der Zukunft“, „digitale Arbeitswelt“, „nachhaltige Transformation“, „Innovation“ o. ä.  

Themenvorschläge:

  • Statistik, Zahlen und Grafik: Wie wird in der Region gearbeitet? Welche Wirtschaftssektoren sind wie stark vertreten? Wie hat sich die Zahl der Krankmeldungen, Arbeitsunfälle, Arbeitsstunden in den vergangenen Jahren entwickelt?
  • Welche Präventionsmaßnahmen setzen Unternehmen in der Region bereits um? Gibt es Hitzeaktionspläne? Was fordern Branchenverbände, Gewerkschafen und Berufsgenossenschaften? Wie agiert das Wirtschaftsministerium des Landes?
  • Service: Wie kann die Arbeit im Büro trotz Hitze erträglich bleiben? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat dazu eine Broschüre zusammengestellt (PDF). 
  • Service: Welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen, wenn der Arbeitsplatz zu heiß wird? Die Website anwalt.de hat dazu juristische Tipps zusammengestellt. 
  • Gab es in der Region bereits Verfahren wegen hitzebedingter, arbeitsrechtlicher Verstöße? Zu welchem Ergebnis kam das Gericht? Welche Entwicklungen sagen Rechtsexpert:innen voraus?
  • Reportage: Ein Tag als Dachdecker:in im Sommer: Was müssen die Arbeiter:innen leisten? Wie hat sich Saison-Arbeit entwickelt?
  • Interview: Wie geht es einer angestellten Person/einem Arbeitgeber damit, die Arbeitszeit persönlich/im Betrieb reduziert zu haben? Was waren die Beweggründe? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich daraus?
  • Umfrage: Bisher herrschte im Winter in der Baubranche Auftragsflaute, inzwischen kann an vielen heißen Tagen im Sommer nicht mehr auf Baustellen gearbeitet werden. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat das auf Bau- und Handwerksbetriebe? Wie blicken sie in die Zukunft?
  • Investigativ: Viele Firmen werben mit dem Schlagwort „Nachhaltigkeit“. Doch wie fortschrittlich ist das Betriebsklima wirklich? Und wie viel Greenwashing steckt in den Produkten und Dienstleistungen?
  • Firmenporträt: Gibt es Firmen in der Region, die bereits ein reduziertes Arbeitszeitmodell fahren oder komplett auf Homeoffice umgestellt haben? Wie sind die Erfahrungen, was sagen die Angestellten?
  • Umfrage: Wie ist der Stand der Digitalisierung bei Betrieben in der Region? Ist die technische Ausstattung ausreichend, werden die Mitarbeiter:innen genügend geschult?
  • Umfrage: Wie stellen sich Schüler:innen der Oberstufe und Student:innen die Zukunft der Arbeit vor? Was wünschen sie sich von ihrem späteren Betrieb, was sind die No-Gos?

Hilfreiche Datenbanken:

  • Datensammlung zum Homeoffice: Für das Jahr 2021 hat das Statistische Bundesamt zusammengestellt, wie hoch der Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice war und welche Branchen besonders viel im Homeoffice sind. 
  • GenderGapSimulator in Deutschland: Das Statistische Bundesamt sammelt Daten zu der Verdienstungleichheit von Männern und Frauen in Deutschland. Dies umfasst den Gender-Pay-Gap, den Verdienstabstand pro Stunde zwischen Frauen und Männern, aber auch den Gender-Gap am Arbeitsmarkt. Im Gender-Gap-Simulator werden die verschiedenen Szenarien exemplarisch verdeutlicht. 
  • Studien zu Homeoffice und mobiler Arbeit: Die Hans-Böckler-Stiftung erforscht seit vielen Jahren mobile Arbeit und sammelt die Ergebnisse auf einer Themenseite. Hier gibt es Auswertung von Unternehmensdaten, Befragungen und Impulspapiere. 

Literatur

Quellennachweise

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Albertsen et al. (2008): Workhours and worklife balance. https://www.proquest.com/openview/31244ef666d2acad2107b06ea069c92f/1?pq-origsite=gscholar&cbl=37939 

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Arbeit & Gesundheit (2021): „Bei Hitze steigt auch das Unfallrisiko“. https://aug.dguv.de/arbeitssicherheit/bei-hitze-steigt-auch-das-unfallrisiko/#:~:text=An%20hei%C3%9Fen%20Tagen%20sind%20bei,Gef%C3%A4hrdungen%20m%C3%BCssen%20Arbeitgebende%20Schutzma%C3%9Fnahmen%20ergreifen.  

Arbeitsschutz aktuell (o. J.): Sonnenschutz ist Arbeitsschutz. https://www.arbeitsschutz-aktuell.de/de/news/sonnenschutz-ist-arbeitsschutz  

Bauer et al. (2022): Arbeitsschutz im Klimawandel – Solare UV-Belastung bei Arbeit im Freien. Ergebnisse eines Fachgesprächs. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Arbeitsschutz-Klimawandel.html 

 Bertelsmann Stiftung (2012): Kein Wachstum um jeden Preis. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_36359_36360_2.pdf 

BUND Landesverband Baden-Württemberg (2021): Digitalisierung: Fluch oder Segen fürs Klima? https://www.bund-bawue.de/tipps/detail/tip/klima-und-digitalisierung-videochats-sind-gold-wert/  

Bundesamt für Strahlenschutz (2022): UV-Strahlung und Klimawandel – wie schützen wir unsere Gesundheit besser? https://multimedia.gsb.bund.de/BFS/BFS/Animation/uv/  

Bundesamt für Strahlenschutz (2022): Klimawandel und das Risiko für UV-bedingte Erkrankungen. https://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/klimawandel-uv/klima-uv-erkrankung/klimawandel-uv-erkrankung.html  

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. J.): Schutz vor UV-Strahlung der Sonne. https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Physikalische-Faktoren-und-Arbeitsumgebung/Optische-Strahlung/Sonnenstrahlung.html 

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2019): Sommerhitze im Büro. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis-kompakt/F14.html  

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degrowth.info (o. J.): What is degrowth? https://degrowth.info/de/degrowth  

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Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2023): Umfrage unter Beschäftigten zum Thema: Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. https://publikationen.dguv.de/detail/index/sArticle/4682  

Deutscher Gewerkschaftsbund (2023): Klimaschutz und Arbeit. https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++415018c0-b75d-11ed-859f-001a4a160123 

Deutscher Wetterdienst (2023): Die Sonne machte 2022 Überstunden – Endbilanz. https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2023/1/14.html  

Deutscher Wetterdienst (2022): Das „Paradoxon“ von Sonnenhöchststand und Höchsttemperatur. https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/5/14.html  

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Umweltbundesamt (2023): Gesundheitsrisiken durch Hitze. https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-gesundheit/gesundheitsrisiken-durch-hitze#indikatoren-der-lufttemperatur-heisse-tage-und-tropennachte  

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Weiterführende Literatur

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. J.): Hohe Raumtemperaturen in Arbeitsstätten. https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Physikalische-Faktoren-und-Arbeitsumgebung/Klima-am-Arbeitsplatz/Schutzmassnahmen-hohe-Raumtemperaturen.html  

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2022): Die Zukunft der Arbeit in der digitalen Transformation. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten-wissenschaftlicher-beirat-die-zukunft-der-arbeit-in-der-digitalen-transformation.pdf?__blob=publicationFile&v=6 

Frey (2019): The ecological limits of work: on carbon emissions, carbon budgets and working time. https://autonomy.work/wp-content/uploads/2019/05/The-Ecological-Limits-of-Work-final.pdf  

Knight et al. (2012): Reducing growth to achieve environmental sustainability: the role of work hours. https://peri.umass.edu/media/k2/attachments/4.2KnightRosaSchor.pdf